Wanderwoche Disentis 24. - 31.8.2024

Das Fazit schon vorweg: Wir haben eine wunderbare Woche in Disentis verbracht. Die Surselva hat uns nicht nur als vielfältiges Wandergebiet beeindruckt, sondern auch als kulturell äusserst reiche Bergregion. Auch dass das Romanische im Tal überall zu hören war, hat uns fasziniert. «Biendi» und «Buna sera» kamen uns bald ganz leicht von den Lippen.

Die Wanderwoche des Bergclubs ist beliebt. Fast fünfzig topmotivierte Wanderinnen und Wanderer haben sich am Anreisetrag beim Hotel Catrina eingefunden. Nach dem rasch vollzogenen Zimmerbezug gab es nur glückliche und zufriedene Gesichter. Man war des Lobes voll über die schönen und grosszügigen Zimmer - schon mal ein sehr guter Anfang, haben sich die Organisatoren gedacht.

Herrliche Natur am jungen Rhein

Wie es sich für sportliche Leute gehört, ging es dann gleich auf eine Einstiegswanderung, um die Umgebung des Dorfs zu erkunden. Dabei trafen wir erstmals auf den Rein da Medel und den Rein da Acletta, deren Wasser den Rein Anteriur, also den Vorderrhein, speisen. Der Fluss bzw. sein Wasser - von der Quelle bis runter ins Tal - ist in dieser Woche unser ständiger Begleiter. Am zweiten Tag zwang uns das etwas garstige Wetter zu einer kleinen Planänderung. Statt in den (wolkenverhangenen) Höhen wanderten wir durch die Rheinschlucht von Ilanz bis Versam. Fast müssen wir Petrus dankbar sein. Die mystische Stimmung in der wilden und feuchten Flusslandschaft zusammen mit den eindrücklichen Felsformationen war einzigartig.

Kulturschätze im Val Medel

Der Montag, zumindest der Vormittag, stand ganz im Zeichen der Kultur. In Curaglia, der grössten Ortschaft des Val Medel, hat uns der Kunsthistoriker Albert Lutz die verborgenen Schätze des Dorfes gezeigt, unter anderem prächtige Steinmosaike an Hauswänden, welche man als eiliger Tourist kaum entdecken würde. Wir haben über die wechselvolle Geschichte des Val Medel und die Entwicklung des Tals viel Interessantes erfahren. Einiges hat uns auch nachdenklich gestimmt, z.B. die massive Abwanderung aus dem Tal, vor allem der jungen Leute. Ein Besuch in La Vitrina, in diesem kleinen, in einem alten Heustall untergebrachten Museum durfte nicht fehlen. Später in der «Medelina», einem auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Hotel/Restaurant erzählte der Initiator Rico Tuor, wie es zu diesem Hotelprojekt kam. Ziel ist es, mit solchen Projekten das Leben im Tal zu erhalten. Heute ist die «Medelina» ein wahres Schmuckstück, wo man am liebsten spontan ein paar Ferientage buchen würde. Bevor wir die Wanderung Richtung Hängebrücke beim Weiler Mutschnengia in Angriff nahmen, genossen wir – je nach Gusto – eine würzige Bündner Gerstensuppe oder ein feines Bündner Plättli.

Unterwegs zwischen Oberalp und Lukmanier

Vom Dienstag an lachte in der Surselva nur noch die Sonne, so dass wir alle geplanten Wanderungen ohne Abstriche durchführen konnten. In der Region finden sich unzählige lohnende Wanderrouten. Jeden Tag standen den Bergclüblern drei Wanderungen unterschiedlichen Schwierigkeitsgrads zur Auswahl. Manche gingen mit der Rhätischen Bahn Richtung Oberalp und weiter zum Tomasee, der Quelle des Rheins, andere per Postauto Richtung Lukmanier oder mit der Gondelbahn direkt vor dem Hotel auf die Caischavedra und zu den drei Seen. Überall gab es Eindrückliches zu sehen: weite Hochmoorlandschaften, wunderschöne Pflanzenwiesen, herrlich kühlende Mischwälder, mäandernde Bachläufe, sehr, sehr kalte Bergseen und und … Auch die baulichen Highlights der Region muss man erwähnen, die unglaubliche Dichte an schönen Kirchen und Kapellen sowie die vielen Jahrhunderte alten Stein- und Holzhäuser.

Barock im Kloster Disentis

Natürlich ist in Disentis der Besuch des imposanten Klosters ein Muss. Bei uns stand ein solcher am Dienstagabend auf dem Programm. Wir kamen in den Genuss einer interessanten Führung durch Pater Theo. Er ist einer von 19 Benediktinermönchen, die derzeit im Kloster leben, darunter - man staune - auch zwei junge. Wir haben von Pater Theo erfahren, dass das Noviziat, also die Probezeit im Kloster, «sage und schreibe» viereinhalb Jahre dauert. Er erzählte auf humorvolle Weise von der Gründung des Klosters (durch Sigisbert und Placidus) und seiner wechselvollen 1400-jährigen Geschichte.

Höhenmeter um Höhenmeter zum Aussichtspunkt

Im zweiten Teil der Woche, als die meisten Wander/innen schon gut eingelaufen waren, kamen auch ein paar anspruchsvollere Touren zum Zuge. Das heisst: Es waren mehr Höhenmeter zu bewältigen. Zu erwähnen ist hier der schweisstreibende Aufstieg oberhalb von Sumvitg zum Lag Serein und der anschliessende lange Abstieg nach Sogn Benedetg (dafür dort belohnt mit einem Besuch der eindrücklichen Zumthor-Kapelle) oder der Aufstieg zur Hexenplatte (Platta dil Barlot). Auf dem grossen flachen Stein tanzen gemäss einer Sage an manchen Tagen und vor allem in den Nächten die Hexen. Während unserer Anwesenheit war das aber leider (!) nicht der Fall. Ganz oben genossen wir die grossartige Aussicht ins grüne Tal und auf die gegenüber liegenden Bergketten sowie den in der Sonne reflektierenden Schneefeldern.

Romantischer Musikabend mit Alexi und Marcus

In sehr guter Erinnerung bleiben wird uns die wunderschöne Musikdarbietung von Alexi und Marcus am Mittwochabend. Wir haben gemerkt, dass die beiden ein eingespieltes Team sind. Sie musizieren seit Jahrzehnten gemeinsam und gehören zu den beliebtesten Liedermachern der Rumantschia. Unter vielen anderen Liedern haben sie die Hymne zum Erhalt der Greina-Ebene komponiert: «Il clom dalla Greina». Ihr überaus sympathischer Auftritt hat definitiv unsere Herzen erwärmt. Wohl deshalb haben wir in der Nacht auf Donnerstag besonders gut geschlafen.

Gutes Essen und viele Dezibel

Nicht nur geschlafen haben wir im Hotel Catrina sehr gut, sondern auch gegessen. Das Buffet am Morgen war ein Traum, mit allem bestückt, was man sich wünschen kann. Schön, konnten wir unsere Wanderungen jeweils mit vollem Energiespeicher starten. Das Abendessen war ebenfalls vorzüglich und sehr abwechslungsreich, auch für die Vegetarierinnen. Zudem war der Service speditiv und freundlich. Das Personal hatte unseren Applaus (und das Trinkgeld) am Freitagabend mehr als verdient. Ein einziger, kleiner Minuspunkt: Nicht nur beim Applaudieren schossen die Dezibel diese Woche durch die Decke …

Und ganz klar, wir freuen uns schon auf nächstes Jahr: «Sölden, wir kommen!»