Flüeli-Ranft, 10.10.2023

Einmal anders und ungewohnt in den Ranft, nämlich von Kerns aus! Nach einem halbstündigen Aufstieg nach St. Anton begann eine aussichtsreiche Wanderung über den Hügelzug Egg Richtung St. Niklausen. Eingebettet zwischen Pilatus und Stanserhorn öffnete sich das Tal Richtung Norden zum Loper und Bürgenstock. Nach Süden schweifte der Blick zum Sarnersee, dem Bienzer-Rothorn und zum Brünig. Im Tal erkannte man die Gemeinden Alpnach, Kerns, Sarnen, Sachseln und Giswil.
Bei einem privaten Picknick-Platz mit Tischen und Bänken machten wir den ersten Stundenhalt. Der Wanderleiter benützte die Gelegenheit, vom Leben und Wirken von Niklaus von Flüe, dem späteren Bruder Klaus, zu erzählen. Er lebte von 1417 – 1487. Als angesehener Bauer auf dem Flüeli gehörte er dem politischen und richterlichen Führungszirkel des Stands Obwalden an. Mit 48 Jahren geriet er in eine tiefe Sinn- und Lebenskrise, trat von allen öffentlichen Aufgaben zurück und rang um seine schwerste Entscheidung.
Seine Frau Dorothee und die Kinder gaben schliesslich das Einveständnis zum Eremitenleben. Im Oktober 1467 verliess Niklaus Familie und Hof und wollte im Elsass als Büsser leben. In Liestal schickte ihn ein Bauer zurück, worauf Bruder Klaus, wie er sich nun nannte, 20 Jahre im Ranft als Eisiedler lebte. Er wurde über die Landesgrenzen hinaus berühmt wegen seiner langjährigen Abstinenz und seines Rufes als Ratgeber in kleinen und grossen Fragen. Historische Bedeutung erlangte Bruder Klaus im Jahre 1481, als er bei der Tagsatzung von Stans zwischen der zerstrittenen Land- und Stadtbevölkerung vermittelte und einen Bruderkrieg abwandte. Bruder Klaus fasziniert nach 600 Jahren immer noch als Mystiker. Seine damaligen Mahnungen und sein Vermitteln zum Frieden sind heute noch aktuell.
Die Wanderung führte uns dann dem Kloster und Gästehaus Bethanien vorbei zum Mösli, einer Kapelle, wo zur Zeit von Bruder Klaus der deutsche Eremit Ulrich lebte. Nach der Mittagsrast ging es vorsichtig ein paar Hundert Treppenstufen hinab in den Ranft. Nach einem Besuch der unteren und oberen Ranftkapellen mit der Klause folgte der letzte Aufstieg zum Dorf Flüeli. Nach dem Kaffee- oder Glacehalt ging es dann dem Melchaatobel entlang nach Sarnen. Dort endete unsere abwechslungsreiche Wanderung durch die prächtige herbstliche Landschaft.
Josef Durrer